Die permanente Krise der österreichische Außenpolitik

Jahrelange Inkompetenz

Die österreichische Außenpolitik lässt seit Jahrzehnten kein diplomatisches Fettnäpfchen aus. Dabei ist der Begriff Fettnäpfchen in diesem Zusammenhang eigentlich falsch. Viel schlimmer an als der Mangel an handwerklichem Können ist der Mangel an außenpolitischer Professionalität. Weh tut das Fehlen einer Analyse der österreichischen Interessenlage und einer daraus abgeleitete Konzeption und Strategie, die weh tut. Der Experte für Internationale Politik, Helmut Kramer : Österreich ist ‚hinternational‘.

Jugoslawienkrise: kriegsgeile Kiebitze

Ohne Not hat Anfang der neunziger Jahre der österreichische Außenminister Alois Mock in der Jugoslawienkrise in einem Alleingang die Anerkennung der Sezessionisten vorangetrieben und deren Anerkennung letztlich gemeinsam mit Deutschland bewirkt. Damit war Österreich ein (wenn auch nicht der einzige) Brandbeschleuniger für den Jugoslawienkrieg.

„Die österreichische Außenpolitik (…) ist die eines kriegsgeilen Kiebitz: sie hetzt ohne sich selbst am Spiel zu beteiligen“. So der österreichischen Philosoph Rudolf Burger.

Europapolitik 

Die Bilanz der österreichischen Europapolitik ist mehr als dürftig. Österreich war nie in der Lage Bündnispartner anzusprechen und Bündnisse zu suchen, etwa mit anderen neutralen Staaten oder Kleinstaaten mit ähnlicher Interessenslage. In einer Mischung von Herumtrampeln, Besserwisserei und Beleidigt sein hatte es man es sich mit fast allen Staaten verscherzt. In der Verkehrs- und Transitpolitik: nichts erreicht. Die Weigerung Österreichs (die natürlich nicht zu halten war) im Kampf gegen Steuerhinterziehung Daten herauszugeben führte zu Häme. Österreich bekam das Image eines „Bremserlandes“. Dass AM Spindelegger Europameister im Schwänzen von europäischenSitzungen war soll nur noch am Rande erwähnt werden. Der ehemalige Außenminister Jankowitsch fass es so zusammen: „Die österreichische Außenpolitik wurde einfach nach Brüssel delegiert. Wenn man nur dort sitzt und mit dem Kopf nickt, ist das keine Außenpolitik.“

Die Ukraine

In der Ukrainekrise war Österreich zweifellos kein großer Player. Es hätte ihm aber gut gestanden sich in die Diskussion mit Vernunft einzumischen. So wurde aber ein Staatsstreich mitlegitimiert. Immerhin war der gewählte Staatspräsident Janukowytsch , so die internationalen Beobachter, ordnungsgemäß gewählt und seine Absetzung von der ukrainischen Verfassung nicht gedeckt. (Das das Regime korrupt war, ist nicht zu bestreiten, aber letztlich wurde eine korrupte Oligarchie durch eine andere abgelöst).

Österreich ist letztlich doch und ziemlich schnell in den Gleichschritt der von den USA dominierten Anti-Russland Liga eingestiegen und hat die Sanktionen mitbeschlossen. (Auch wenn dies vielen jetzt Leid tut, sieh die jüngste Reise des Vizekanzlers zu Putin)

Faymanns Fettnäpfchen: Die Beschimpfung Ungarns

„als deren Regierung im Sommer 2015 angesichts des unkontrollierten Ansturms von Migranten unterschiedlichster Herkunft und Motivation das Gleiche machte wie Österreich einige Monate später, nämlich Maßnahmen gegen diesen unkontrollierten Zuzug zu setzen. Dabei vergaß unser Regierungschef – soweit ich sehen kann als erster – auf die seit 1945 gepflogene Regel, dass man unabhängig von Sympathie oder Antipathie der den jeweils Herrschenden mit Nachbarstaaten eine  korrekte Beziehung aufrechterhalten sollte.“

Diskussionsbeitrag von Bernhard Schwarz ( sieh unten unter Kommentare)

„West-Balkan-Konferenz“ und Griechenland

 Den Höhepunkt an außenpolitischer Inkompetenz erleben wird gerade in diesen Tagen.

Da werden von der Innenministerin und dem Außenminister „Balkankonferenzen“ initiiert, zu denen Staaten entlang der Flüchtlingsroute eingeladen werden – aber nicht Griechenland. Griechenland ist aber das Land, das wohl zur Zeit am stärksten betroffen und belastet ist. Ihm fehlen auch die ökonomischen Ressourcen, da es von der Troika ökonomische praktisch vernichtet wurde. Und Österreich findet es nicht notwendig mit Griechenland einen Dialog zu führen. Welche Schande, welche Dummheit.

„Es werden sich im Außenamt doch Diplomaten finden, die dem Ressortchef den Wert des Dialogs und den Unsinn von Kraftmeierei in der modernen Außenpolitik eines kleinen Landes erklären. Sonst wird der Scherbenhaufen größer.“ (Anneliese Rohrer)

 

Und die SPÖ? Die SPÖ hat sich in den letzten 25 Jahren von der Außenpolitik verabschiedet und das Feld der ÖVP überlassen. Der Bundeskanzler und die SPÖ schauen auch jetzt mit offenem Mund zu wie Österreich außenpolitisch einen diplomatischen Scherbenhaufen nach den anderen produziert.

siehe auch Misik

siehe auch Neisser:

“ Selbst wenn man auf eine nationale Lösung setzt, ist die Frage des Stils entscheidend. Die österreichische Regierung hat die Diplomatie aufgegeben – dass Wien und Berlin die Differenzen nun in offener Schlacht austragen, ist das glatte Gegenteil davon. Es war auch unvertretbar, Griechenland von der Westbalkankonferenz in Wien auszuschließen; die Griechen bei der Sicherung der EU-Außengrenze allein zu lassen ist ohnehin absurd. Kein Beteiligter hat das Recht auf Schuldzuweisung, auch Österreich nicht. Seit dem Vertrag von Amsterdam ist Flüchtlingspolitik in der EU Gemeinschaftsaufgabe. Österreichische Minister sollen mir einmal erklären, welche Initiativen sie bisher im Rat der EU gesetzt haben, um diese Idee zu realisieren. „

derstandard.at/2000032283692/Neisser-Etikett-christlich-sozial-darf-sich-OeVP-nicht-mehr-umhaengen

 

5 Kommentare

  1. Zwei Anmerkungen zum Artikel „Österreichische Außenpolitik“:
    1. Ein Fettnäpfchen wurde vergessen, in das aber vorwiegend unser Bundeskanzler hineingekracht ist: Die Beschimpfung Ungarns, als deren Regierung im Sommer 2015 angesichts des unkontrollierten Ansturms von Migranten unterschiedlichster Herkunft und Motivation das Gleiche machte wie Österreich einige Monate später, nämlich Maßnahmen gegen diesen unkontrollierten Zuzug zu setzen. Dabei vergaß unser Regierungschef – soweit ich sehen kann als erster – auf die seit 1945 gepflogene Regel, dass man unabhängig von Sympathie oder Antipathie der den jeweils Herrschenden mit Nachbarstaaten eine korrekte Beziehung aufrechterhalten sollte.
    2. Griechenland und die Europäische Kommission sollte man nicht als Unschuldslämmer an der derzeitigen, ziemlich verfahrenen Situation durchgehen lassen. Griechenland hat viel Geld von Europa erhalten, um Registrierungszentren zu errichten und die Seegrenze besser zu schützen. Geschehen ist nichts. Übrigens: Griechenland ist trotz Krise und Troika noch immer wesentlich reicher als Ungarn oder die Slowakei. Die Kommission sieht sich offenbar als politische Pressuregroup der Bewegung „Bleiberecht für alle“ und ignoriert seit Jahren die ua vom Flüchtlingshilfswerk der UNO seit langem erhobene Forderung, die effektive Rückführung abgelehnter Asylwerber zu unterstützen. Nur so wäre es möglich, Asylwerber mit positivem Bescheid tatsächlich zu integrieren. Alles andere ist Illusion.

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    • zu Punkt 2 sollte man die Türkei nicht vergessen:
      Die Türkei fühlt sich nicht mehr zuständig
      Das griechisch-türkische Rücknahmeabkommen wurde schon 2001 unterzeichnet und trat im April 2002 in Kraft. Bewirkt hat es bisher wenig, wie die Zahlen zeigen. Im vergangenen Jahr stellten die griechischen Behörden knapp 9700 Anträge auf Rückführungen von illegalen Migranten an die Türkei, doch die lehnte mehr als 90 Prozent davon ab. Nur in 470 Fällen erklärten die türkischen Behörden sich bereit, Personen zurückzunehmen. Vollzogen wurde die Abschiebung allerdings nur in sechs Fällen.
      Die Welt , 21.11. 15

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  2. Sehr richtig! Bleibt nur die Frage offen warum überhaupt so wenige weitsichtige Personen in der Politik an die entscheidenden Positionen gelangen? Und wenn, warum dann die Prioritäten so schief liegen, so vernetzt wie die Welt heute ist. Das grenzt schon an einer Kombination aus schierer Ignoranz und kollektiven Trauma!

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